Kunst und Ausstellungen im Reichstag

Als das Reichstagsgebäude nicht als Sitzungsort des Parlaments genutzt wurde, diente es als Ausstellungshalle. Die Nazis zeigten neben tendenziösen Ausstellungen dort ein Modell der geplanten „Welthauptstadt“ Germania. Während der deutschen Teilung waren im Reichstagsgebäude eine Ausstellung zur Bundestagsgeschichte und zur Geschichte des Gebäudes selbst untergebracht. Ab 1971 konnten Besucher dort eine Ausstellung mit dem Titel „Fragen zur deutschen Geschichte“ sehen.

Reichstag Nachtaufnahme
Reichstag Berlin (Nachtaufnahme)

Heute sind im Reichstagsgebäude Kunstwerke von neunundzwanzig Künstlern zu sehen, deren Besichtigung nur im Rahmen einer Führung oder als Besucher einer Parlamentssitzung möglich ist. Für jeden zugänglich oder zumindest sichtbar sind die außen am Reichstag angebrachten Kunstwerke. Hierzu gehört das Denkmal für die 96 von Nationalsozialisten ermordeten Reichstagsabgeordneten. Die bekanntesten aus der Bauzeit des Reichstagsgebäudes stammenden Kunstwerke sind Figuren, welche vierzehn bedeutende Industriezweige sowie die Wehrkraft zu Wasser und zu Land symbolisieren. Bei der Aufstellung der Skulpturen wurde darauf geachtet, die für die einzelnen geografischen Räume des damaligen Reiches typischen Erwerbszweige zu berücksichtigen. In einem engeren Sinn werden als Kunstwerke im Reichstag auch die im Jahr 1999 gekauften Werke bezeichnet, welche außer im Reichstagsgebäude selbst auch in dessen Nebengebäuden gezeigt werden.

Einer der bekanntesten beteiligten Künstler ist Joseph Beuys, dessen Plastik mit dem Titel „Tisch mit Aggregat 1958/85“ vor dem Plenarsaal steht. Die Darstellung von Erwerbszweigen auf den älteren Skulpturen nimmt das Werk „Leben über alles“ des russischen Künstlers Grisha Bruskin auf, welches ebenfalls verschiedene Berufe zeigt. Der Titel des Kunstwerkes geht auf die erste Strophe des Deutschlandliedes zurück.

Hanne Darboven erinnert mit ihrer Collage „12 Monate, Europa, Arbeit“ an das Jahr 1997, welches europaweit als Jahr gegen Fremdenhass und Rassismus begangen wurde. Dass der Reichstag für das deutsche Volk gebaut wurde, unterstreicht Hans Haacke mit der Installation „Der Bevölkerung“. Dem Künstler ist wichtig, dass die Bevölkerung im Gegensatz zum Volk alle Einwohner eines Landes unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit einschließt. Die Mandatsträger bringen nach dem Willen des Künstlers Erde aus ihren jeweiligen Heimatwahlkreisen mit und fügen diese einem mit Erde und Kies gefüllten Kasten zu. Dieses Kunstwerk wurde vor dem Ankauf am intensivsten diskutiert. Angesichts der Beschriftung und der vom Künstler vorgetragenen Intention bei der Vorstellung seiner Kunstidee, ist befremdlich, dass Hans Haacke das Zeigen seiner Installation auf privaten Webseiten verbietet. Formaljuristisch kann er das Verbot durchsetzen, da das nur eingeschränkt zugängliche Innere des Reichstagsgebäudes nicht als öffentlicher Raum gilt. Einsehbar ist das Kunstwerk jedoch auf der vom Künstler autorisierten offiziellen Homepage. Die demokratische Läuterung Deutschlands betont Katharina Sieverding mit einem fünfteiligen Fotogemälde. Ein Besuch des Reichstags ist also auch für Kunstliebhaber sehr interessant.

Aktualisiert von Marco am 23. Juli 2016